Schwingungen
zum Anfang
Wenn wir beispielsweise ein zwei Meter langes und stramm gespanntes Wäscheseil anzupfen, beginnt es zu schwingen.
Das heißt, es wird durch das Zupfen zunächst ein Stück aus der Ausgangslage heraus ausgelenkt, schnellt dann
zurück und über die Ausgangslage hinaus in eine entgegengesetzte Auslenkung, dann wieder zurück und erneut
über die Ausgangslage hinaus, und so weiter und so fort. Die Größe der Auslenkungen wird dabei immer kleiner,
bis das Seil irgendwann in der Ausgangslage, also seiner Ruhelage, wieder zur Ruhe kommt.
Ab zirka zwanzig Schwingungen pro Sekunde entsteht dabei ein tiefer, Ton, der höher und höher wird, je mehr Schwingungen pro
Sekunde ausgeführt werden. Man sagt, der Körper schwinge mit einer Frequenz von 440 Hertz, wenn er pro Sekunde 440 mal
diese Hin- und Her-Bewegung ausführt. Musikern ist das als Kammerton a einer Stimmgabel geläufig. In der Jugend
hören wir Töne bis zu einer Frequenz von rund 20 000 Hertz, der Wert nimmt im Alter ab, die körpereigenen
"Sensoren" machen altersbedingt so schnelle Bewegungen nicht mehr mit.
Die Größe der Auslenkung bestimmt die Lautstärke, das bedeutet, der Ton wird mit der Zeit immer leiser, bis
er ganz verstummt, wenn das Seil wieder in der Ruhelage verweilt. Wir kennen das Prinzip von Geigen-, Gitarren oder Klaviersaiten,
die angestrichen, angezupft oder angeschlagen werden.
Schwebungen
zum Anfang
Schwingen zwei Waschseile oder besser zwei Gitarrensaiten mit gleicher Lautstärke und annähernd gleicher Frequenz,
kommt es zum Phänomen der Schwebung: Saite 1 schwinge mit 440 Hertz und Saite 2 mit 450 Hertz, wir hören dann einen
Ton von (440+450)/2 = 445 Hertz.
Diese Lautstärke dieses "Mischtones" nimmt periodisch ab und zu, man spricht von einer Schwebung, die
Schwebungsfrequenz selbst beträgt (450-440)=10 Hertz. Sie wird kleiner, je mehr sich die Frequenzen der beiden Saiten
annähern, im Idealfall schwingen beide Saiten mit 440 Hertz, die Schwebungsfrequenz beträgt dann Null, es sind keine
Schwebungen mehr zu hören. Der Musiker macht sich beim Stimmen von Musikinstrumenten dieses Phänomen zunutze.
Als vor Jahrzehnten erstmals elektronische Orgeln möglich wurden, konnte man auf technischem Wege perfekt gestimmte
Instrumente herstellen und erhoffte sich ein bisher nie gekanntes, quasi überirdisches Klangerlebnis. Die Realität
war ernüchternd: Die Instrumente wirkten irgendwie tot, leblos, weder Gefühl noch Geist ansprechend. Natürliche
Instrumente sind auch in gestimmtem Zustand nie völlig schwebungsfrei, zumal durch Oberschwingungen (siehe nächster
Absatz) auch Schwebungen bezüglich einer einzelnen Saite entstehen. Schwebungen erwecken den Eindruck von Raum und
Lebendigkeit, man begann in Folge sehr rasch, elektronische Musikinstrumente einer gewissen künstlichen Verstimmung zu
unterziehen, um entsprechende Höreffekte zu erzielen.
Oberschwingungen
zum Anfang
Nur elastische Materialien sind schwingungsfähig. Plastische Materialien wie Ton, Knet, Plastilin und andere Substanzen
bleiben in der Verformung und kommen nicht von alleine in den Ausgangszustand zurück. Glücklicherweise, denn stellen
Sie sich einmal vor, Sie beißen herzhaft in ein Brötchen, welches nun kräftig zurückschwingt ... Ihr
Zahnarzt wäre vermutlich sehr besorgt -😊
Material, Masse, Größe sowie Form eines elastischen Körpers bestimmen, mit welcher Tonhöhe oder
Eigenfrequenz er schwingen wird, wenn man ihn anstreicht, anzupft oder anschlägt beziehungsweise bei Blasinstrumenten - hier
schwingt die Luftsäule im Instrument - anbläst.
Als Grundschwingung bezeichnet man die tiefste und normalerweise lauteste Schwingung, denn es gibt noch weitere. Eine Saite
oder Flöte kann auch zugleich mit doppelter, dreifacher oder mehrfacher Frequenz schwingen, oder als Quinte mit 2/3 oder
Quarte mit 3/4 der Grundfrequenz und so weiter. Man bezeichnet diese zusätzlichen Schwingungen als Oberschwingungen, eben
weil von höherer Frequenz, dafür aber von geringerer Laustärke.
Neben Material, Masse, Größe und Form des Instruments bestimmen auch die Art des Anstreichens, Anzupfens, Anschlagens
oder Anblasens, welche Oberschwingungen sich mit welcher Lautstärke ausbilden. Nun können Sie verstehen, wieso der Ton
einer Flöte sich trotz gleicher Tonhöhe von dem einer Trompete unterscheidet: Ein unterschiedliches Spektrum an
Oberschwingungen.
Klangschalen können auf verschiedene Art zum Schwingen gebracht werden, am Effektivsten ist das Anklopfen oder das Anreiben
mit einem Holzklöppel, in der Regel mit Leder überzogen.
Die VideoClips im mittleren Kapitel zeigen den Einfluss der Schwingungen auf das eingefüllte Wasser, eine interessante Arbeit
dazu von Denis Terwagne und John W. M. Bush finden Sie im Journal "Nonlinearity":
Tibetan singing bowls
Wassertröpchen springen jeweils dort, wo die Schwingungen gerade am lautesten, also am stärksten sind. Versetzt man
eine eingespannte Metallplatte in Schwingungen, bleiben aufgestreute Sandkörnchen genau umgekehrt dort liegen, wo keine
Bewegung, also wo Ruhe ist. Das ermöglicht die Chladnischen Klangfiguren, wunderschöne bildhafte Manifestationen von
Oberschwingungen:
Videoportal Universität Freiburg
Resonanz
zum Anfang
Die Schaukel, ein beliebtes Spielzeug aus Kindertagen, schwingt ebenfalls. Wenn ich möchte, dass die Bewegungen
größer werden, dann muss ich mit der Schaukel in Resonanz gehen. Ich muss immer genau dann nach vorne schubsen, wenn
die Schaukel auch auf dem Weg nach vorne ist. Schubse ich nach vorn, während die Schaukel sich gerade auf dem Rückweg
befindet, arbeite ich dagegen, die Auslenkungen der Schwingung nehmen ab, die "Lautstärke" sinkt. Arbeite ich
in Resonanz, passe ich meinen Rhythmus der Eigenfrequenz der Schaukel an und kann dadurch deren "Lautstärke"
immer weiter steigern, bis es zur sogenannten Resonanzkatastrohe kommt: Die Lager der Schaukel halten den Kräften nicht
mehr stand.
Große Brücken können vom Wind wie eine Geigensaite in Schwingung versetzt werden. Sollten die Windstöße
im Rhythmus der Eigenfrequenz der Brücke eintreffen, nun, sehen Sie selbst das Video vom den Einsturz der Tocoma Bridge
1940 in den USA:
Solche Katastrophen sind beim Aufsetzen von Klangschalen nicht zu befürchten. Wenn die Klangschale, auf einen
Körperbereich aufgesetzt mit dessen Eigenfrequenz in Resonanz geht, können wir hören, wie der Klang immer
lauter wird. Dann aber kommt es in der Regel durch Druck- und Spannungsausgleiche zu Veränderungen im Gewebe und damit
zur Veränderung dessen Eigenfrequenz, die Klangschale wird leiser werden und möglicherweise sogar ganz verstummen.